Ausstellung „Buchstäblich Kunst“ 22.10-7.11.2021 / Kunstraum GREVY!

Hier ein paar Eindrücke zur Vernissage & Ausstellung „Buchstäblich Kunst“ im Kunstraum Grevy! in der Kölner Südstadt.

Wand Maybe Wand Julia     Eröffnungsrede                 Gäste 2

Zusammen mit Ralf Lobeck haben wir das Thema Schrift & Malerei intensiv bearbeitet. Es ist ein interessanter Einblick in das weite Spektrum der Schrift-Kunst entstanden. Das Vorwort im gemeinsamen Wendekatalog von Florian Eßer ist eine wunderbare Einführung, dies lohnt, zu lesen. Hier der Auszug passend zu meinen Arbeiten ausgesucht. Den kompletten Katalog können Sie bei https://www.grevy.org/book/ueberblick oder im Buchhandel erwerben.

BUCHSTÄBLICH KUNST – Malerei mit Schrift – Agnete Sabbagh und Ralf Lobeck

Am Anfang der Schrift stand das Bild. Bereits die Menschen der Eis- und Steinzeit zierten die Wände ihrer Höhlen mit schlichten Zeichnungen dessen, was ihnen außerhalb der Höhlen begegnete – Tiere, Jagdszenen, Konflikte. Bilder sprechen, erzählen Geschichten.

Bis sich aus diesen rudimentären Abbildungen eine tatsächliche Schriftsprache entwickelte, vergingen Jahrtausende.

AGNETE SABBAGH

Über die Ideogramme, wie man sie in der Hieroglyphen- und Keilschrift findet, entstanden im Laufe der Zeit jene Alphabete, die wir heute zur schriftlichen Verständigung nutzen. Wo diese Schriftzeichen nicht nur zur Übermittlung von Informationen dienen, sondern ihnen ein ästhetischer Anspruch zukommt, spricht man von Kalligrafie, dem schönen Schreiben, dem Sichtbarmachen von Emotionen durch das gekonnte Führen des Schreibwerkzeugs.

Für die Künstlerin Agnete Sabbagh, die sich seit mehr als zwanzig Jahren mit der Kalligrafie beschäftigt, wohnt der Schrift eine besondere Bedeutung inne: Es gilt, sie nach außen zu kehren, anstatt Schriftbild und Inhalt beim Zuklappen eines Buches im Regal verschwinden zu lassen.

In ihren Werken kombiniert die studierte Literaturwissenschaftlerin malerische Aspekte mit Songtexten und Gedichten, die Beatles finden ebenso Einzug in ihr Schaffen wie der Schriftsteller Max Frisch. Die Musikalität beider Kunstformen stellt eine besondere Form der Sprache dar – als reines Instrumental funktioniert Musik wie eine Art klangliches Esperanto, über das sich Menschen weltweit und kulturübergreifend verständigen können. Ergänzt um Gesang wird der Musik eine weitere Ebene der Kommunikation zuteil. Vor allem englische Songtexte können dabei von einem Großteil der Menschen rezipiert werden – doch auch da, wo die Sprachbarriere ein Verständnis des Gesungenen unmöglich macht, reichen die Tonlagen aus, um als Transmitter für die Emotionen zu fungieren.

Die Künstlerin Agnete Sabbagh lässt der Musik aus diesen Gründe eine maßgebliche Rolle bei ihren Arbeiten zuteilwerden. Den Gesang, die Melodie der zitierten Musikstücke und Oden fängt Agnete Sabbagh in ihren Werken auf zweierlei Weisen ein. Neben dem Einsatz der Schriftästhtetik ist da auch die Farbgebung ihrer Gemälde, die, ebenso wie die Tonlage beim Gesang, als Vehikel der Emotionen fungiert. Ihren Arbeiten liegt so eine Synästhesie zu Grunde, bei der sich verschiedene Ebenen der sinnlichen Wahrnehmung vermischen. Ein herausragendes Beispiel dafür findet sich im Gemälde „Wir könnten Menschen sein II“: “Wir hielten die Muschel ans Ohr, wir hörten das Meer”, zitiert die Künstlerin in diesem ein Gedicht von Max Frisch und projiziert das Rauschen der Wellen gleichwohl in das Ohr des Betrachters.

Dieser Wellengang wird seinerseits durch die von Agnete Sabbagh angewandte Encaustic-Technik, auf die Oberfläche des Gemäldes übertragen, bei der heißes Wachs auf den Bildträger aufgebracht wird. Das Eigenleben des Wachses – nicht immer planbar, eigenwillig – konterkariert nicht nur den kalligrafischen Perfektionismus, sondern schafft partielle Unschärfe ebenso wie Tiefenwirkung im zuvor Gemalten und Geschriebenen. Damit greift das Wachs die Mehrschichtigkeit und die Bedeutungsebenen der Sprache auf – ob in Schriftform, gesprochen, gesungen oder gemalt.

Viel Spaß beim „Durchblättern“ des Katalogs!

 

Artikel KSTA Buchstäblich Kunst

 

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