Ausstellung „Die Natur muss gefühlt werden“ 28. April – 1. Mai 2022 / Atelier SAXA
Eröffnungsrede auf der Vernissage am 28. Mai 2022 durch Dr. Sascha Lehmann/SAXA in der Galerie :
DIE NATUR MUSS GEFÜHLT WERDEN – Strukturen. Analogien. Lebensadern
Mensch, mach´ doch mal die Augen auf!
Als Wortmensch habe ich mir bei diesen Titel die Analogien herausgepickt. Analogie – lat. Analogie, vom Griechischen analoges für „entsprechend, verhältnismäßig, sinngemäß“, gebildet aus dem Präfix aná „hinauf, auf, gemäß“ und lógos „Wort, Sinn, Vernunft“.
Analogie – also das Entsprechende, das Sein wie – als Faszination, als Schönheit, als Wert- aber bewußt ohne Wertung. Eine Auflistung, eine Gegenüberstellung – ohne Reihenfolge oder ranking, ohne Komparativ und Superlativ. Vielmehr der Blick auf das, was da ist. Einfach so. Das, was es ausmacht, das, was uns Menschen ohne eignes Zutun zur Verfügung steht, umgibt, bewegt, trägt und erhält. Und das ist das, was wir so oft nicht sehen, nicht wahrnehmen, nicht wertschätzen und vor allem leider selbst wenig erhalten im Sinne des Bewahrers und Schützens.
Als Mediziner fühle ich mich erinnert an die bis heute nicht vergessene Faszination des ersten richtigen, umfänglichen Begreifen dieser vielen unserem Leben und unseren Lebensprozessen unterliegenden Strukturen und Abläufen – zumeist für uns mit bloßem Auge nicht zu sehen. Und doch sind sie da – steh und überall – und sind der wahre tagtägliche Alltag unseres Daseins, dessen wir uns so selten bewußt sind. Das wahrhaft Großartige unseres Lebens steckt im Detail. Wie auch nicht selten die Schönheit…
Als ich diese kleine Einleitung zu dieser Ausstellung von Agnete Sabbagh und Monika Nonnenmacher im Oktober letzten Jahres (2021) geschrieben habe, war der „große“, „sichtbare“ Alltag, der uns ausmachte und umgab, bereits einer, der in unserer Wahrnehmung ganz und gar nicht Alltag war – Corona hatte uns gerade „wieder“ fest im Griff. Nun, gerade mal sechs Monate später, herrscht gut 1.000 Kilometer von uns entfernt, Krieg in der Ukraine. Wieder ein neuer Alltag, der nicht alltäglich sein sollte.
Mensch, mach´ doch mal die Augen auf!
Und mit mensch meine ich uns – uns, den Menschen! Der Mensch ist ein überaus seltsames Tier. Er ist in diesem leben, auf unserer Erde eine beeindruckende Absurdität. Wir können uns, und das ist natürlich im wahrsten Sinne des Wortes auch irgendwie selbstverständlich, ein Leben OHNE den Menschen nicht oder zumindest nicht gut vorstellen. Und wissen doch, dass das Leben, dass die red, dass die sogenannte Natur, überaus gut ohne uns leben könnte.
Deshalb denke ich wirklich ganz oft und in den letzten zwei Jahren noch viel häufiger: Mensch, mach´die Augen auf. Mensch, begreife doch mal, was wirklich ist, wer du wirklich bist. Und vor allem, was du, lieber mensch, wirklich NICHT bist. Nämlich wichtig…
Du bist überhaupt nicht wichtig für alles das, was für dich wiederum so wichtig ist, weil du ohne nicht existieren kannst.
Kein anderes Lebewesen versteht sich so hervorragend darauf, sich selbst die Luft zum Atmen und das Wasser zum Überleben zu nehmen.
Stop!
Schluss mit den Selbstvorwürfen und der Selbstkritik. So wahr und richtig diese wohl sein mögen, so gerne möchte ich nun auf das Schöne, das Wunderbare, das Wertvolle und das Faszinierende des irdenen Lebens zurückkommen. Und damit auf die Ausstellung von Moni und Agnete.
Ganz bewußt werde ich keine Einführung in die Arbeiten und Arbeitsweisen vornehmen, sondern uns alle vielmehr vehement dazu einladen, einzutauchen in die Tiefe der Werke. Es gibt wirklich viel zu entdecken!
SAXA, April 2022
Die folgenden Bilder sind eine Auswahl und gehören in Zweiergruppen zusammen, sogenannte Diptychons. Die Bilderpaare verdeutlichen, wie wir als Menschen uns in der Natur wieder finden: Zum Beispiel die Augeniris zur Pusteblume oder Hörschnecke zur Nautilusschnecke.
Diptychon „Pusteblume – Augeniris“
Diptychon „Jahresringe – Fingerabdruck“
Diptychon „Baum – Lunge“
Diptychon „Nautilus – Hörschnecke“
Triptychon „Mutter-Vater-Kind“
Iris – weibliches Fruchtbarkeitssymbol
Physalis – Embryo
Eichel – männliches Fruchtbarkeitssymbol
Der Katalog zur Ausstellung – viel Vergnügen beim Durchblättern!